Verbrechen | Aufklärung
#Mordermittlung #Vernehmung #Festmahme #Hausdurchsuchung
#Vernehmung
Der Unterschied: #Zeugen werden befragt, #Beschuldigte/#Tatverdächtige werden vernommen. Der Begriff «#Verhör/verhören» ist (zumindest in Deutschland) längst out.
Findet die #Befragung/#Vernehmung in der Dienststelle statt, so sind grundsätzlich immer (mindestens) 2 Beamte anwesend. Das ist Vorschrift, einmal zur Sicherheit (falls der Befragte plötzlich rabiat wird) und zum anderen, um auszuschließen, dass im Falle eines Falles #Aussage gegen Aussage steht. Beispiel: Der #Befragte behauptet, etwas anderes gesagt zu haben, als der Beamte notiert hat. Die #Befragung findet normalerweise in einem ganz normalen Dienstzimmer eines Beamten statt und nur in besonderen Fällen (z. B. bei der Befragung von #Minderjährigen oder bei #Vergewaltigungsopfern) in einem gesonderten #Vernehmungszimmer. Für die Befragung von #Kindern hat nahezu jede Dienststelle einen als Spielzimmer eingerichteten Sonderraum.Hinweis: Wird ein #Beschuldigter nicht unmittelbar nach der #Tat vernommen, so erhält er mit einer schriftlichen oder telefonischen #Vorladung einen Termin, an dem er zu erscheinen hat. Im Gegensatz zu einer #richterlichen oder #staatsanwaltschaftlichen #Vorladung ist der Beschuldigte NICHT verpflichtet, zu einer polizeilichen #Vernehmung zu erscheinen und kann auch nicht zwangsvorgeführt werden. Direkte Konsequenzen hat das Nichterscheinen bei der Polizei also nicht, wird aber als Verzicht auf den Anspruch auf rechtliches Gehör gewertet. Das kann sich u. U. bei der Verhandlung negativ auswirken (z. B. weil er dadurch die Gelegenheit verschenkt, etwas zu seiner #Entlastung vorzubringen).
• Der Vorgang einer #Befragung ist streng geregelt in einem zig-seitigen Regelwerk. Übrigens: Auch eine telefonische #Befragung/#Vernehmung ist rechtlich zulässig.Jede Befragung beginnt mit der Feststellung der #Personalien = vollständiger Name, Anschrift, Geburtsdatum und Ort, Beruf (= derzeit ausgeübte Tätigkeit), Familienstand und Staatsangehörigkeit. Danach wird der #Zeuge/#Verdächtige gebeten, den #Tathergang bzw. seine Beobachtungen mit seinen eigenen Worten zu schildern. Steht von vornherein fest, dass der Befragte ein #Tatverdächtiger oder der mutmaßliche #Täter ist, so muss er unmittelbar nach der Erfassung seiner Personalien darüber informiert werden, dass er als #Beschuldigter/#Tatverdächtiger vernommen wird: Ihnen wird zur Last gelegt, am … (Datum) folgende Tat begangen zu haben: … (Nennung des Straftatbestandes z. B. Tötungsdelikt #Mord ist es erst, wenn der Tatvorsatz erwiesen ist). Danach MÜSSEN ihm seine #Rechte genannt werden:a) das #Recht, die Aussage zu verweigern (Amtsdeutsch: Es steht Ihnen frei, auszusagen/sich zur Sache zu äußern/einzulassen/ oder nicht.)b) das #Recht, VOR der Vernehmung einen Anwalt zu konsultierenc) das #Recht auf Anwesenheit des Anwalts bei JEDER Vernehmungd) das #Recht, eigene Beweisanträge zur eigenen Entlastung zu stellene) das #Recht, sich ausschließlich schriftlich zu äußern. Erst wenn feststeht, dass der zu Befragende seine #Rechte verstanden hat, darf mit der Vernehmung fortgefahren werden.Nebenbei: #Inhaftierte werden IMMER in der #Justizvollzugsanstalt vernommen, in der sie einsitzen. Auch hier sieht man in Filmen/liest man in Büchern meistens, dass die Leute zur Vernehmung aus der JVA zur Polizeidienststelle transportiert werden. Das macht man allein schon wegen des damit verbundenen Sicherheitsrisikos nicht. Außerdem kostete das den Steuerzahler zu viel Geld.
• Bei der #Vernehmung dringend #Tatverdächtiger wird eine Vernehmung vorher generalstabsmäßig vorbereitet. Der sogenannte Vernehmungskomplex (das Thema) wird ebenso festgelegt wie der Schwerpunkt der Vernehmung (z. B. um sog. Tatbestandsmerkmale herauszuarbeiten) und die Reihenfolge der Fragen abgesprochen, ebenso die #Vernehmungstaktik (= ob man den Verdächtigen reden lässt, einen auf verständnisvollen Zuhörer macht oder ihn knallhart mit den Beweisen konfrontiert usw.).Nebenbei: Das in Krimis so beliebte Spielchen #Guter_Bulle, #Böser_Bulle ist in der Realität nicht erlaubt (siehe unten).
• #Aufzeichnung: Entgegen dem, was uns besonders in den Filmen immer als Standard verkauft wird, darf eine #Aufzeichnung auf #Tonträger nur mit Genehmigung des #Befragten/#Beschuldigten gemacht werden. In dem Fall unterzeichnet der Befragte VORHER eine Einverständniserklärung. Verweigert er die (sein gutes Recht), wird die Aussage vom Beamten niedergeschrieben, und zwar genau so, wie der Befragte sie gemacht hat, also auch in dessen Sprache.Sagt einer: "Da hat der den eins mit da Flasche über dat Schädel jedeppert, dat dem de Glotzböppel bald ausn Jesicht jefalle sind", so schreibt der Beamte treu und brav: Da hat der den eins mit da Flasche über dat Schädel jedeppert, dat dem de Glotzböppel bald ausn Jesicht jefalle sind. Nimmt der Beamte eigenmächtige Änderungen in der Ausdruckweise vor (ersetzt er z. B. die Glotzböppel durch Augen), so muss er das in einem sog. Seitenvermerk (= Randbemerkung) am Rand des Protokolls vermerken: Der Befragte benutzte das Wort Glotzböppel. Von der möglichst genauen Wiedergabe der Aussage können und werden im Bedarfsfall auch Rückschlüsse auf die #Glaubwürdigkeit der Aussage gezogen. Deshalb wird auch notiert, wenn der Befragte mit einer Antwort zögert oder auffallend hastig spricht. DENN: Bei der Gerichtsverhandlung bewertet der #Richter auch den Ablauf der #Vernehmung anhand der Protokolle!Nebenbei: Die bei der #Verhandlung anwesenden #Schöffen erhalten KEINEN Einblick in die #Ermittlungsprotokolle. Ihre Aufgabe ist allein, anhand der in der #Verhandlung gemachten #Aussagen die #Sachlage zu beurteilen und dadurch ihre Meinung über #Schuld oder #Unschuld des/der #Angeklagten zu bilden.
• Das #Befragungs-/#Vernehmungsprotokoll wird, sofern das Gespräch nicht auf Tonträger aufgezeichnet wird, von einem der beiden Beamten noch während der Befragung in den PC getippt (die beherrschen heute in der Regel alle das Zehn-Finger-Tippen) oder handschriftlich notiert und dem #Befragten hinterher als Ausdruck zum Unterschreiben vorgelegt. Bei der Aufzeichnung auf Tonträger wird später das Protokoll abgetippt (in der Regel von einer Sekretärin; Stichwort Adelheid & ihre Mörder), und der Befragte muss irgendwann noch mal auftauchen, um das zu unterschreiben.Eine #Aufzeichnung oder #Überwachung aus einem anderen Raum mit einer Kamera, wie man das im Film oft sieht, wird in Deutschland NICHT gemacht. Auch die venezianischen Spiegel (die von einer Seite durchsichtig sind und der heimlichen Beobachtung dienen) gibt es in keiner einzigen (deutschen) Dienststelle.
• WICHTIG: Wird ein bis dahin unverdächtiger #Zeuge während der #Befragung zum #Tatverdächtigen, so müssen die Beamten ihn darauf hinweisen, dass er/sie ab jetzt als #Tatverdächtige/r vernommen wird. Sie sind NICHT verpflichtet, ein freiwilliges #Geständnis mit diesem Hinweis oder dem Hinweis zu unterbrechen, dass der jetzt #Verdächtigte das #Recht auf anwaltlichen Beistand hat, aber dieser Hinweis muss spätestens erfolgen, wenn der Redefluss des Geständigen versiegt ist. NICHT erlaubt ist es, mit #Suggestivfragen ein #Geständnis zu provozieren bzw. Aussagen so ausfallen zu lassen, wie die Beamten sie gern hätten. Beispiel: Haben Sie nicht XY am #Tatort gesehen?/ Sie haben doch XY am #Tatort gesehen, nicht wahr? sind unzulässig. Korrekt: Haben Sie jemanden am #Tatort gesehen? Wenn ja wen? Ebenfalls unzulässig sind natürlich #Drohungen, #Einschüchterung und selbstverständlich #Gewaltanwendungen (und auch deren #Androhung).Die #Vernehmungsvorschriften regeln sogar den genauen #Abstand, den die Vernehmungsbeamten zur befragten Person einhalten müssen = ca. 1,20 Meter, mindestens aber eine Armeslänge rund um die Person. Sollte das aus räumlichen Gründen nicht möglich sein, so darf in keinem Fall die Distanz von 0,50 Metern unterschritten werden, weil alles von 15-45 cm Nähe als absoluter #Privatbereich bzw. #vertrauliche_Zone eines Menschen gilt. 0,45-1,20 Meter sind der sogenannte #persönliche_Bereich, 1,20-3 Meter der #soziale_Bereich und 3-7 Meter der #öffentliche_Bereich. Eine #Verletzung der vertraulichen Zone ist nicht erlaubt.Und nun sehen wir uns mal die Krimis an. Da werden gerade diese strengen Regeln grundsätzlich fröhlich missachtet. Da rückt der #Vernehmungsbeamte dem #Verdächtigen oder #Zeugen derart auf den Pelz, dass der sich zwangsläufig von dieser übergroßen Nähe bedroht fühlen muss. Nicht zu vergessen das Anbrüllen, manchmal direkt neben dem Ohr (= unzulässige Einschüchterung und evt. sogar Körperverletzung wegen vorübergehender Hörschäden). Sogar das beliebte #Auf_den_Tisch_Schlagen ist in der Realität verboten. Ein solches Verhalten hätte im wirklichen Leben zur Folge, dass der sich derart daneben benehmende Beamte unverzüglich von der weiteren Vernehmung abgezogen würde und mindestens mit einer offiziellen Rüge in seiner Personalakte rechnen muss. Je nach Schwere seiner Verfehlung evt. auch mit einem #Strafverfahren. (Siehe im Fall der Entführung und Ermordung Jakob von Metzlers, wo der Vernehmungsleiter dem Entführer drohte, ihm Schmerzen zuzufügen, sollte er nicht endlich reden).
• Ein #Tatverdächtiger/#Beschuldigter hat selbstverständlich das #Recht zu schweigen. Er darf nicht zu einer #Aussage #gezwungen werden. Ein #Zeuge hingegen ist zur wahrheitsgemäßen (!) #Aussage #verpflichtet. Spätestens aber vor Gericht muss er mit der Wahrheit herausrücken, andernfalls ist er wegen uneidlicher #Falschaussage nach § 153 StGB dran ist und mit 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe zu rechnen hat. #Meineid (#eidliche_Falschaussage) schlägt nach § 154 StGB mit Freiheitsstrafen von 1 bis 10 Jahren zu Buche.
#Festnahme und #Hausdurchsuchung
...werden demnächst eingestellt
Quelle:Mara Laue: „Mordermittlung Fiktion und Realität / Ein kleiner Einblick in die reale Polizeiarbeit / Teil 3: Vernehmung, Festnahme und Hausdurchsuchung“, unter: https://www.zauberspiegel-online.de/index.php/mythen-aamp-wirklichkeiten-mainmenu-288/verbrechen-mainmenu-292/7666-mordermittlung-fiktion-und-realitt-teil-2-tatortarbeit-und-obduktion (abgerufen am 29.12.2020).
Gefällt mir